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Kommentar zu den Tabellen für Kazym-Chantisch

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Kazym-chantische Nomina

Im Kazym-Chantischen gibt es zwei Deklinationstypen für Nomina: Bei der absoluten Deklination treten die Kasussuffixe direkt an das Nomen, ein Besitzverhältnis wird nicht angezeigt. Dem gegenüber steht die personal-possessive Deklination, bei der die Kasussuffixe hinter die Possessivsuffixe treten. Die personal-possessive Deklination zeigt unter anderem Besitzverhältnisse an. Genus oder Definitheit werden nicht am Nomen angezeigt.

Numerus

Die Substantive werden in Singular, Dual und Plural dekliniert, wobei der Singular durch kein eigenes Zeichen markiert wird. Ein Nomen in der Singularform kann dennoch plurale Bedeutung haben; meist ist das bei Kollektivnomina der Fall, wie beispielsweise xuɬ βeːɬti ʻFische fangenʼ.

Das Dualsuffix lautet -ŋən, das Pluralsuffix –t, -ət, -et. Eine Gemeinsamkeit beider Suffixe ist, dass sie, wenn sie an ein Nomen, das auf Vokal endet, treten, einen Bindekonsonant zwischen Stamm und Suffix benötigen. Nach den Vokalen –a-, -e- oder –o- sind dies -j- beziehungsweise –ŋ-. Endet ein Nomen auf –i-, so wird es im Dual durch ein -ɛ- ersetzt. Im Plural wird –i- zu –e-. Zwei- oder mehrsilbige Substantive, die in der letzten Silbe ein -ə- haben, stoßen diesen reduzierten Vokal vor dem Pluralsuffix ab: ɵxəɬ ʻSchlitten (SG)ʼ > ɵxɬət ʻSchlitten (PL)ʼ.

Der Dual benennt manchmal keine duale Anzahl von Dingen, sondern vielmehr ein Paar. Dabei kann das Dualsuffix an beide Komponenten treten: imɛŋən-ikɛŋən ʻMann und Frauʼ (wörtlich: zwei Frauen, zwei Männer).

Die Pluralform kann auch die Bedeutung mehrerer Sorten oder Unterarten haben: βojət ʻverschiedene Arten von Fettʼ (<βoj ʻFettʼ).

Nomina mit Numeralia stehen im Kazym-Chantischen immer im Singular: kat xɔːt ʻzwei Häuserʼ. Bei der Deklination ändert sich nicht die Numeralie, sondern nur das Nomen: kat xɔːta ʻin zwei Häuserʼ.

Kasus

Im Kazym-Chantischen gibt es drei Kasus: Nominativ, Lokativ und Dativ-Lativ.

Der Nominativ ist meist mit der Stammform identisch. Die Funktionen Genitiv und Akkusativ werden ebenfalls vom Nominativ übernommen.

Der Lokativ hat das Suffix –n, -ən. Nach Nomina, die auf die Vokale –a, -o und –i enden, wird zwischen Nomen und Suffix ein Bindekonsonant –j- eingeschoben. Außer seiner Funktion als Lokalkasus mit der Bedeutung ʻwoʼ, dient er auch als Temporal, Instrumental, Instruktiv oder Komitativ.

Auch vor dem Suffix des Dativ-Lativs, -a, erscheint nach einem vokalisch auslautendem Nomen vor der Endung ein –j-. Ähnlich wie der Lokativ, so übernimmt auch der Dativ-Lativ eine Vielzahl an Bedeutungen: Dativ, Lokalkasus ʻwohinʼ, Modal, Final und Translativ.

Personal-possessive Deklination

Bei der personal-possessiven Deklination werden der Numerus des Besitzers und des Besitzgegenstandes bezeichnet. Dabei tritt das Possessivsuffix des Besitzers an das Nomen, welches den Besitz benennt.

Der Numerus des Besitzes wird dabei durch ein Numerussuffix angezeigt, das hinter das Possessivsuffix tritt. Die Dual- und Pluralsuffixe des Besitzgegenstands sind von den entsprechenden Singularendungen abgeleitet. Das typische Dualelement ist -ŋəɬ, das des Plurals -ɬ-.

Nach einem Stamm auf –a oder –o wird vor der personal-possessiven Endung ein –j- eingefügt: xɵj-ɛm ʻmy manʼ. Endet ein Stamm auf –i, so wird –i im Dual zu -ɛ: eːβɛ-ŋəɬam ʻmeine zwei Töchterʼ, während –i im Plural erhalten bleibt: eːβi-ɬam ʻmeine Töchterʼ.

Wie bereits erwähnt, so treten Kasussuffixe hinter die Possessivendungen: xɔːt-ɛm-ən ʻin mein Hausʼ.

Infinite Verbformen

Infinitiv

Der Kazym-chantische Infinitiv bildet sich aus der Verbform mit dem Suffix –ti auf den Stamm folgend. Trifft das Suffix auf zwei Konsonanten am Stammende, so fällt einer dieser Konsonanten weg, z.B. sɛŋk- : sɛŋŋ˳̯ ti ʻschlagenʼ. Endet der Verbstamm jedoch auf -nʃ oder - njsj, so verschmilzt das –t des Infinitivsuffixes mit dem zweiten Element dieser Konsonantenverbindung: xanʃ- : xanʃi ʻschreibenʼ. Wenn der Verbstamm auf -ʃ oder -sj ohne zweiten Konsonanten vorneweg endet, so entstehen durch Lautumstellung -tʃ beziehungsweise -tɕ vor dem –i der Endung.

Partizip Präsens

Formal ist –ti, das Zeichen des Partizip Präsens im Kazym-Chantischen, mit dem Infinitivsuffix identisch. Hier handelt es sich um Homonyme, die sich aus zwei verschiedenen Formen entwickelten.

Das Suffix des Partizip Präsens wird direkt an den Verbstamm angefügt und kann sowohl aktive als auch passive Funktion haben.

Partizip Präteritume

Im Kazym-Chantischen wird das Partizip Präteritum mit Hilfe des Suffixes -əm gebildet. Es tritt direkt an den Verbalstamm. Endet dieser auf einen Vokal, so tritt zwischen Stammende und Endung ein Bindekonsonant –j- oder auch –β-. Bei dem Großteil dieser wenigen Stämme erfolgt zusätzlich ein paradigmatischer Vokalwechsel: ji- : juβəm ʻgekommenʼ. Erscheint ein -ə- in der letzten geschlossenen Silbe des Verbstamms, so wird der Stamm durch das Suffix synkopiert: ɬuŋət- ʻlesenʼ : ɬuŋtəm knjiga ʻdas gelesens Buchʼ.

Das Partizip Präteritum hat wie das Partizip Präsens sowohl aktive als auch passive Funktion.

Konverbien

Im Kazym-Chantischen gibt es nur ein Konverb, das durch die Suffigierung des Verbstamms mit –man gebildet wird.

Kardinalzahlen

In der Gruppe der Kazym-chantischen Kardinalia sind nur die Zahlen von 1 – 8, 10, 20 und 100 keine Komposita.

Zusätzlich zu den substantivischen Formen it ʻeinsʼ und katən ʻzweiʼ haben diese Kardinalia auch noch adjektivische Formen: i ʻeinsʼ und kat ʻzweiʼ. Die substantivischen Formen können in einem Satz beispielsweise als Subjekt oder Objekt vorkommen.

Die Zahlwort ʻneunʼ besteht aus jaːrt beziehungsweise jart (dessen Bedeutung unklar ist) sowie der Numerale jaŋ ʻzehnʼ. Die Kardinalzahlen von 11 – 17 werden durch Kombination der betreffenden einfachen Numeralia und xosj (aus der Postposition xosja ʻzu, anʼ) sowie dem Wort jaŋ ʻzehnʼ gebildet: kat-xosj-jaːŋ ʻzwölfʼ, βeːt-xosj-jaːŋ ʻfünfzehnʼ. Die Kardinalzahlen ʻachtzehnʼ und ʻneunzehnʼ bildet man durch die Kombination des einfachen Numerales ʻachtʼ beziehungweise ʻneunʼ mit dem Wort xɵs ʻzwanzigʼ.

Sämtliche Zehnerzahlen zwischen zwanzig und hundert beinhalten neben den einfachen Zahlen jaŋ ʻzehnʼ beziehungsweise sɔːt ʻhundertʼ als zweite Komponente: njaɬ-jaŋ ʻvierzigʼ, jaːr-sɔːt beziehungsweise jar-sɔːt ʻneunzigʼ.

Die runden Hunderterzahlen bildet man durch die Verbindung der betreffenden Numeralia mit sɔːt ʻhundertʼ: kat-sɔːt ʻzweihundertʼ. Bei den runden Tausenderzahlen verfährt man genauso und fügt an das jeweilige Numerale sjorəs ʻtausendʼ an: kat-sjorəs ʻzweitausendʼ.

Alle anderen Kardinalzahlen bestehen aus mindestens zwei Komponenten. Die einzelnen Komponenten werden einfach aneinander gereiht, z.B. xosj-ɬaːpət ʻsiebenundzwanzigʼ, βeːt- jaːŋ βeːt ʻfünfundfünfzigʼ, njiβəɬ-sɔːt-xɵt-jaŋ xɵɬəm ʻachthundertdreiundsechzigʼ.

Stehen Numeralien als Attribute im Satz, werden sie nicht flektiert. Wenn sie allerdings innerhalb einer kopflosen Nominalphrase oder in prädikativer Funktion auftreten, werden sie wie Nomina flektiert: βeːta jiti ʻfünf Uhr werdenʼ, jaːrt-jaŋən manti ʻum neun Uhr weggehenʼ.

Bei Vorhandensein von personal-possessiven Suffixen folgen ihnen die Kasussuffixe: katŋəɬan mija ʻgib mir deine beidenʼ. Bei der Deklination zusammengesetzter Kardinalia wird nur die letzte Komponente flektiert: njaɬ-xosj-jaːŋa ʻbis vierzehnʼ.

Ordinalzahlen

Ordinalia werden mit Hilfe des Suffixes –mit aus Kardinalzahlen gebildet, z.B. xɵɬmit ʻdritterʼ (mit verkürztem Stamm), xɵtmit ʻsechsterʼ. Die Ordinalzahlen ʻersterʼ und ʻzweiterʼ werden nicht aus den jeweiligen Kardinalzahlen gebildet, sie haben vielmehr eigene Stämme: ɔːɬəŋ beziehungsweise ɔːɬəŋmit ʻersterʼ und kimət ʻzweiterʼ. Bei zusammengesetzten Numeralia wird das Suffix –mit nur an die letzte Komponente angefügt: njaɬ-jaŋ ɔːɬəŋmit ʻeinundvierzigstʼ. Ordinalzahlen werden nicht dekliniert.

Verben

Kazym-chantische Verben haben für gewöhnlich die folgende Morphemreihenfolge:

Stamm-Tempus-(Passiv)-(Numerus des Objekts)-Person und Numerus des Subjekts

Meist enden die Verben auf einen oder mehrere Konsonanten. Endet ein Verb auf einen Vokal und ist es einsilbig, so wird es unregelmäßig konjugiert.

Im Kazym-Chantischen werden Verben nach Singular, Dual und Plural konjugiert. Das Genus kann aktiv oder passiv sein.

Verbkonjugation

Im Kazym-Chantischen werden transitive Verben nach der subjektiven und der objektiven Konjugation konjugiert. Dabei wird mithilfe der objektiven Konjugation neben der Person des Subjektes auch Person und Numerus des bestimmten Objekts bezeichnet. Intransitive Verben können nur in der subjektiven Konjugation konjugiert werden.

Bei der objektiven Konjugation unterscheiden sich die Suffixe dahingehend, ob das Objekt im Singular oder aber im Dual oder Plural steht. Zudem besteht ein Unterschied darin, ob der Verbstamm auf einen Konsonant oder einen Vokal endet: Meist erhalten die Endungen für Verben mit Konsonant im Auslaut ein zusätzliches -əɬ-: sɛŋŋ ̯ɬəɬɬe ʻer schlägt ihnʼ zu maɬɬe ʻer gibt esʼ.

Die Bedeutung formal identischer Endungen erschließt sich ausschließlich aus dem Kontext.

Tempora

Im Kazym-Chantischen gibt es drei Tempora: Präsens (beziehungsweise Nicht-Präteritum), Präteritum und Futur. Sowohl in der subjektiven als auch der objektiven Konjugation lautet das Präsenssuffix -ɬ-, -əɬ-, das Präteritumsuffix –s-, -əs-. Futur wird analytisch gebildet durch den Präsens des Verbs pit- ʻanfangenʼ und dem Hauptverb im Infinitiv. Oft wird auch der Präsens für eine Futur-Bedeutung herangezogen.

Im Kazym-Chantischen treten die Tempussuffixe direkt an den Verbstamm, danach kommen die Personalsuffixe. In der 3. Singular erscheint hinter dem Tempussuffix kein Personalsuffix. Bei Verben, die auf , oder -ɬʲ enden, tritt das Präsenszeichen nicht an den Stamm. Im Falle der 3. Singular drückt der Verbstamm also VerbPRS[3SG] aus: βɵɬ ʻer istʼ.

Endet das Verb auf mehrere Konsonanten, so schwindet die zweite Komponente außer in der 3. Singular im gesamten Paradigma. Manchmal kann der zweite Konsonant auch im Falle der 3. Singular fehlen. Bei Verben, die auf oder -sʲ enden, bewirkt das Präsenszeichen einen Konsonantenwechsel der Endkonsonanten hin zu –t beziehungsweise -tʲ.

Modi

Im Kazym-Chantischen gibt es nur zwei nicht-analytische Modi: Indikativ und Imperativ. Adhortativ, Optativ und Konjunktiv werden analytisch gebildet.

Der Adhortativ bildet sich mit dem Präsens-Indikativ des Verbs sowie der Partikel aːt ʻlassenʼ, wohingegen der Optativ den Präteritum-Indikativ des Verbs und die Partikel aːt ʻlassenʼ und ɬɔːɬəŋ ʻlassenʼ gebildet wird. Meist steht aːt hier vor dem Verb, auf das es sich bezieht, ɬɔːɬəŋ ist dann nicht obligatorisch.

Der Konjunktiv kommt recht selten vor. Man bildet ihn durch das Verb im Präteritum-Indikativ sowie der Partikel ɬɔːɬəŋ ʻlassenʼ und ki ʻwennʼ. Dabei erscheint ki immer im Nebensatz und ɬɔːɬəŋ immer im Hauptsatz: an ki mɔːʃitəs, ɬuβ ɬɔːɬəŋ jaŋxəs xoɬəp βantti ʻwenn er nicht krank war, ging er Netze prüfenʼ.

Der Indikativ ist unmarkiert und wird mithilfe der Tempusformen realisiert, wogegen der Imperativ über Endungen für jeweils alle 2. Personen verfügt. Alle anderen Personen werden durch den bereits erwähnten Adhortativ und einer Partikel vor dem Verb bezeichnet. Die 1. Person Plural des Imperativs kann auch durch Präsens bezeichnet werden: muŋ manɬəβ ʻgehen wirʼ.

Bei Verbstämmen mit Vokal im Auslaut wird vor dem Personalsuffix –j- oder –β- eingefügt. Zudem kommt es hier zu einem paradigmatischen Vokalwechsel: juβa ʻkomm!ʼ (< ji- ʻkommenʼ). Meist erscheinen die Imperativformen ohne Personalpronomen. Erscheint jedoch ein Personalpronomen, so verändert sich die Bedeutung vom Befehl hin zu einer nachdrücklichen Bitte: mija naŋ manɛm ʻgib du mirʼ.

Auch im Falle des Imperativs kann zwischen subjektiver und objektiver Konjugation unterschieden werden.

Genus Verbi

Im Kazym-Chantischen unterscheidet man zwischen aktiv und passiv. Das Suffix des Passiv folgt auf das Tempussuffix und lautet nach Konsonant –aj und nach Vokal –ij. In der 3. Singular verkürzt sich das Suffix auf –a beziehungsweise –i, die Wortform endet dann mit dem Passivzeichen.

Negation

Im Kazym-Chantischen gibt es kein Negationsverb sondern vielmehr eine Negationspartikel, die sich im Satz meist direkt vor dem Verb befindet. Diese Partikel lautet vor Vokalen ant, vor Konsonanten an. Es kann auch sein, dass sich andere Partikel zwischen der Negationspartikel und dem Verb befinden, beispielsweise die Partikel für Adhortativ aːt oder Konjunktiv ki. Letzteres kann aber auch nach der Kombination Negationspartikel + Verb vorkommen.

Personalpronomina

Die Kazym-chantischen Personalpronomina sind in Singular, Dual und Plural deklinierbar, wobei die Formen der 2. Person Dual und Plural übereinstimmen und sich ihr Unterschied nur anhand des Kontextes erschließt. Auch die Frage, mit welchem Genus konkret die 3. Person Singular ɬuβ zu übersetzen ist, kann nur kontextuell gelöst werden. In den Tabellen wurde das Personalpronomen der 3. Person Singular deshalb als generisches Maskulinum betrachtet.

Anders als bei Nomina geschieht die Deklination der Personalpronomina mithilfe spezieller Stämme und nicht durch Numerussuffixe.

Darüber hinaus haben Personalpronomina eine besondere Akkusativ- und Dativform, aber keinen speziellen Kasus für Lokativ und Dativ-Lativ. Sämtliche räumlichen und sonstigen Beziehungen werden in der Nominaldeklination ausgedrückt, im Deklinationssystem der Personalpronomina zeigt sich dies durch die Verbindung Personalpronomen + Postposition. Allerdings kann sich der Ausdruck lativischer Bedeutung im Suffix –a, welches sich im Dativ nach dem eigentlichen Dativsuffix befinden kann, niederschlagen.

Im Kazym-Chantischen hat nur ein Personalpronomen der 1. Person Singular zwei Stämme: den Nominativstamm maː und den obliquen Stamm man-, der im Dativ und Akkusativ benutzt wird.

Das Akkusativsuffix lautet – je nach Sprachgebiet - -t oder –ti beziehungsweise in nachdrücklicher Funktion –tti. Zwischen Stamm (oblique oder nicht-oblique) und Suffix wird der Bindevokal –ǝ eingefügt. Bei schneller Sprechweise kann der Bindevokal entfallen. Die Dativsuffixe entsprechen den Possessivsuffixen der Nomina und werden direkt an den Stamm angefügt. Manchmal folgt dem Dativsuffix das schon erwähnte Dativ-Lativsuffix -a.

Possessivpronomina

Ein Personalpronomen kann auch personal-possessivische Suffixe annehmen. Das geschieht oft dann, wenn der Besitzer besonders betont werden soll. Das Possessivsuffix wird bei Singularbesitz direkt an den Stamm angefügt. Steht das Possessum im Dual, so wird vor dem Dualsuffix -ŋǝɬ der Bindevokal eingefügt. In der dritten Person aller Numeri wird das Dualsuffix auf –ŋ gekürzt.

Im Falle des Pluralpossessums erscheint nach dem Pronominalstamm und vor dem Pluralzeichen ein –i.

Reflexivpronomina

Reflexivpronomina, die aus den eigentlichen Personalpronomina gebildet werden, gibt es im Kazym-Chantischen nicht. Reflexiv-personal erscheinende Pronomen bildet man durch Kombination der Personalpronomina mit der Postposition sati (dial. sata) ʻfür, wegen, nach der Artʼ. Folgt die Postposition auf ein Personalpronomen, so wird –t- verdoppelt: ma sattɛma ʻich mich selbstʼ. Die Deklination ist mit der der Possessivpronomina identisch.

Demonstrativpronomina

Die Kazym-chantischen Demonstrativa haben je eine substantivische und eine adjektivische Form. In der substantivischen (selbständigen) Form können Demonstrativpronomina die Funktion eines jeden Satzgliedes erfüllen. Im Gegensatz zu adjektivischen (attributiven) Demonstrativa haben sie auch Dual- und Pluralformen und sind deklinierbar. Dabei verkürzt sich bei den Dual- und Pluralformen der Stamm von tami ʻdiesesʼ und tomi ʻjenesʼ auf tam- beziehungsweise tom-.

Semantisch gesehen handelt es sich bei Kazym-chantischen Demonstrativpronomina um zwei Gruppen: Demonstrativpronomen der Nähe (z.B. tam ʻdieserʼ) und Demonstrativpronomina der Ferne (tom ʻjenerʼ).

Interrogativpronomina

Von den Interrogativpronomina des Kazym-Chantischen können xoj ʻwerʼ und muj ʻwasʼ sowohl Dual- und Pluralformen bilden als auch Kasussuffixe annehmen. Ihre Deklination unterscheidet sich nicht von der Nominaldeklination.

Neben den bereits erwähnten xoj und muj kann auch das Interrogativpronomen kamǝn ʻwie vielʼ personal-possessive Suffixe annehmen.

Die Pronomina muj-sir ʻwelcherʼ und mata ʻwas für einʼ können nicht dekliniert werden.

In Nebensätzen können xoj und muj als Konjunktionen vorkommen oder die Funktion von Relativpronomina ausfüllen.

Indefinitpronomina

Die Kazym-chantischen Indefinitpronomina bilden sich aus den Interrogativpronomina sowie der Suffixe –t, beziehungsweise -ɬt. Von ihnen können xojat ʻjemandʼ, moɬti ʻetwasʼ und Numerus- beziehungsweise personal-possessive Suffixe annehmen, außerdem können sie wie auch moɬt-aːrat ʻmanche, einigeʼ Kasusendungen erhalten. Das Indefinitpronomen moɬt-sir ʻirgendwelcheʼ hingegen kann nicht dekliniert werden.

Negative Pronomina

Negative Pronomina werden aus Indefinitpronomina sowie dem Präfix m- beziehungsweise n- gebildet.

Sie können sowohl personal-possessive Suffixe als auch Kasusendungen annehmen.

Postpositionen

Im Kazym-Chantischen gibt es eine Vielzahl von Postpositionen, die nach dem Wort, auf das sie sich beziehen, stehen. Präpositionen kennt das Kazym-Chantische nicht.

Postpositionen können lokale, temporale, kausale, modale, komparative und andere abstrakte Beziehungen ausdrücken: jupijən ʻnach, hinterʼ, pati/pata ʻfür, wegenʼ, taːkɬi/taːkɬa ʻohneʼ. Formal gesehen ist zu unterscheiden zwischen nicht-reihenbildenden und reihenbildenden Postpositionen.

Von nicht-reihenbildenden Postpositionen existiert nur eine einzige Form, die ein Kasussuffix enthält. Dabei ist die Form entweder schon versteinert und somit intransparent (eːβəɬt ʻvon, ausʼ, iti ʻwieʼ) oder aber an eine Postposition kann nur mit einer bestimmten Kasusendung kombiniert werden. Reihenbildende Postpositionen hingegen können eine Serie von zwei bis drei Formen (im Surgut- Chantischen sogar bis zu fünf Formen) mit lativischer und lokativischer Bedeutung bilden. Eine ablativische Bedeutung kann im Kazym-Chantischen dadurch realisiert werden, als dass auf die unsuffigierte Postposition eine weitere Postposition eːβəɬt ʻvon, ausʼ βutpija ʻhinter (wohin?)ʼ, βutpijn ʻhinter (wo?)ʼ, βutəp eːβəɬt ʻvon hintenʼ. Weit gebräuchlicher ist es allerdings, die ablativische Bedeutung gleich mit eːβəɬt und ohne eine weitere Postposition auszudrücken.

Bei der Kombination von Substantiven mit Postpositionen können die Postpositionen Possessivsuffixe annehmen: xɔːp jeːɬpeβn ʻvor unserem Bootʼ. Doch auch hier kommt öfter die Konstruktion muŋ xɔːpeβ jeːɬpijən ʻidʼ vor. Vor allem aber treten possessivsuffigierte Postpositionen hinter Personalpronomina: nin xosʲana ʻbei euchʼ, ɬuβ jeːɬpeɬən ʻvor ihmʼ. Dabei ändert sich bei Postpositionen, die auf -i enden, jenes i vor einem Possessivsuffix hin zu -e. Bei zweisilbigen Postpositionen, die auf einen Konsonanten enden, kann ein in der zweiten Silbe vorkommender Schwa entfallen.

Possessivsuffixe schließen sich auch an nicht-reihenbildende Postpositionen an. Im Falle eines Endens auf Vokal wird dieser vor einem Suffix zu –e-/-ɛ-: maː itɛma ʻwie ichʼ (iti ʻwieʼ), maː toxəɬpɛm ʻaußer mirʼ (toxəɬpi ʻaußer, ohneʼ).

Derzeit sind die chantischen Postpositionen Promotionsthema von Zsófia Schön (München), die eine detaillierte syntaktische und semantische Analyse leisten wird. Dankenswerterweise stellte sie Aufzeichnungen und Beispiele, die mithilfe von Valentina Nikolaevna Solovar erarbeitet wurden, zur Verfügung.


Word formation

Im Kazym-Chantischen geschieht Wortbildung entweder durch Derivation oder Komposition.

1. Derivation


1.1. Das Nomen
1.1.1. Denominale Suffixe
-ije: Deminutiv: xɔːtije ʻHäuschenʼ, poxije ʻSöhnchenʼ (xɔːt ʻHausʼ, pox ʻSohnʼ)
-  Pejorativ: ikile ʻMännchenʼ (iki ʻMannʼ)
-ət, -at: Abstraktum: xuβat ʻLängeʼ (xuβ ʻlangʼ)
-ʃiβi: bezeichnet die Größe eines Gegenstands, oft pejorativer Unterton: iki-ʃiβi ʻAlterʼ (iki ʻMannʼ)
1.1.2. Deverbale Suffixe
-əp: Instrument einer Aktion: kunʃəp ʻKammʼ (kunʃ- ʻkratzen, kämmenʼ)
-əpsi, -əpʃi: Gegengstand bzw. Prozess einer Aktion: nɔːtəpsi ʻHilfeʼ (nɔːt- ʻhelfenʼ)


1.2. Das Adjektiv
1.2.1. Denominale Suffixe
-i: Propriativ: jiŋki ʻnass, feuchtʼ, xuɬi ʻfischig, voller Fischʼ (jiŋk ʻWasserʼ, xuɬ ʻFischʼ)
-əp, -pi: Propriativ: saməp ʻherzig, mit Herzʼ, βeːt ɬɵjpi ʻfünffingrigʼ (sam ʻHerzʼ, ɬɵj ʻFingerʼ)
-əŋ: Propriativ: βɵrtəŋ ʻgöttlichʼ (βɵrt ʻGott, Geistʼ)
-ɬi: Karitiv: βeːβɬi ʻkraftlosʼ, sɛmɬi ʻblindʼ (βeːβ ʻKraftʼ, sɛm ʻAugeʼ )
-ʃək: Diminutiv, Komparativ: aːrʃək ʻmehrʼ, taːsʲəŋʃək ʻreicherʼ (aːr ʻvielʼ, taːsʲəŋ ʻreichʼ)
1.2.2. Deverbale Suffixe -  -əm: Propriativ: pɔːtəm ʻgefrorenʼ, sɔːrəm ʻtrockenʼ (pɔːt- ʻfrierenʼ, sɔːr- ʻtrocknenʼ)


1.3. Das Adverb
1.3.1. Denominale Suffixe
-a: Modal, tritt an Adjektiva: mɔːjəŋa ʻgastfreundlichʼ (mɔːjəŋ ʻgastfreundlichʼ)
-a: Modal, tritt an Nomina: jira ʻbeiseiteʼ (jir ʻSeiteʼ)
-ən: kutən ʻzwischenʼ, meːβəɬən ʻabwechselnd, der Reihe nachʼ (kut ʻZwischenraum, Abstandʼ, meːβəɬ ʻReiheʼ)
-ta, -ɬta: Ablativ: jeːɬta ʻvon fern, von weitemʼ (jeːɬ ʻfern, weitʼ)


1.4. Das Verb
1.4.1. Denominale und deadverbiale Suffixe
-t-: Intransitiv, Durativ: potərt- ʻsprechen, sich unterhalten, erzählenʼ (potər ʻGespräch, Rede, Erzählungʼ)
-əɬt-: Transitiv, Durativ: jaməɬt- ʻverbessern, kurierenʼ (jam ʻgut, schönʼ)
-ɬə-: Intransitiv, Durativ: βeːɬpəsɬə- ʻJagd und Fischfang betreiben, ein Handwerk betreibenʼ (βeːɬpəs ʻJagd und Fischfangʼ
-mə-: Intransitiv, Durativ, Inchoativ: sɔːxərmə- ʻhungrig sein, hungernʼ (sɔːxər ʻhungrigʼ)
-əsʲ-: Intransitiv, Durativ: piɬtəsʲ- ʻsich vereinigenʼ (piɬ ʻPartner, Kameradʼ)
-jiəɬ-: Intransitiv, Durativ: jɛrtjiəɬ- ʻschwach regnenʼ (jɛrt ʻRegenʼ)
1.4.2. Deverbale Suffixe
Im Kazym-Chantischen gibt es zahlreiche deverbale Verbalsuffixe, die Verben hinsichtlich Aktionsart, Aspekt, Valenz oder modaler Bedeutung abändern. Ein Suffix kann mehrere Funktionen haben, mehrere Suffixe können ein und dieselbe Bedeutung haben. Mehrere Suffixe können auch gereiht erscheinen.
An dieser Stelle können nur einige Beispiele gegeben werden.
-anʲsʲ-: Intransitiv, Reflexiv: kanʃanʲsʲ- ʻsich auf der Suche befinden, nachforschenʼ (kanʃ- ʻsuchenʼ)
-ɛmə-: Momentanität, Intransitivität: kaːrɛmə- ʻsich umwendenʼ (kaːri- ʻsich drehenʼ)
-əptə-: Transitiv, Kausativ: kaːtɬəptə- ʻüberreichen, aushändigen, verheiratenʼ (kaːtəɬ- ʻfangen, ergreifen, greifenʻ)
-tʲɬʲə-: Intransitiv, Transitiv, Frequentativ: eːβətʲɬʲə- ʻschneiden, zerschneidenʼ (eːβət- ʻid.ʼ)
-tə-: Inchoativ: xɔːɬɬətə- ʻzu weinen anfangenʼ (xɔːɬɬə- ʻweinenʼ)


2. Präfigierung
Darüber hinaus können Verben auch mittels Präfigierung verändert werden. Verbalpräfixe sind allerdings keine Derivationssuffixe im klassischen Sinne. Vielmehr befindet sich ein präfigiertes Verb in einer Grauzone zwischen Kompositum und syntaktischer Phrase.
Die meisten Kazym-chantischen Verbalpräfixe haben sich aus Adverbien entwickelt und sind auch heute noch teilweise schwer von diesen abzugrenzen. Ursprünglich hatten die Verbalpräfixe eine richtungsweisende Bedeutung:
nox-ɬɔːɬʲ- ʻaufstehenʼ (nox ʻupʼ, ɬɔːɬʲ- ʻstehenʼ )
jeːɬ-ʃɵʃ- ʻweggehenʼ (jeːɬ ʻwegʼ, ʃɵʃ- ʻgehen, spazierenʼ )
iɬi-ʃɵjɬə- ʻniedersinkenʼ (iɬi ʻherunter-, hinunter-ʼ, ʃɵjɬə- ʻsinkenʼ )
Allerdings kann die Präfigierung eines Verbs auch dessen Aktionsart ändern oder Perfektivität anzeigen:
jeːɬi-nʲɵxm- zu reden anfangenʼ (jeːɬ ʻweg-ʼ, Inchoativität, nʲɵxm- ʻreden, sagenʼ )
joxi-ɬɛ- ʻaufessenʼ (joxi ʻzurück-, nach innen ʼ, Perfektivität, ɬɛ- ʻessenʼ )
lap-pɛnt- ʻzuschließenʼ (lap Perfektivität, pɛnt- ʻschließenʼ )

Viele der präfigierten Verbformen sind lexikalisiert, im Satz allerdings stehen Verbalpräfixe nicht notwendigerweise immer direkt vor dem Verb, auf das sie sich beziehen. Beispielsweise können Präverb und Verb durch Partikel getrennt sein.


3. Komposition
Im Kazym-Chantischen gibt es mehrere Arten der Komposition. So gibt es im Kazym- Chantischen sogenannte Paarwörter, die die Bedeutung ihrer Komponenten verallgemeinern (vgl. Nomina Beispiel 1). Hier werden im Falle einer Deklination beide Komponenten dekliniert.
Außerdem kommen metaphorische Wörter als Komposita vor, deren Komponenten lautlich gleichlautend sind. Oft ist hier die semantische Bedeutung einer oder beider Komponenten verschüttet (vgl. Adjektiva Beispiel 4). Attributive Komposita stellen eine weitere Kompositionsart, bei der eine der Komponenten die andere näher bestimmt (vgl. Nomina Beispiel 4).
Hinsichtlich der Schreibweise werden Komposita sehr unterschiedlich gehandhabt. Manche Autoren setzen einen Bindestrich zwischen die Komponenten, andere wiederum ein Leerzeichen. Es gibt auch Beispiele, in denen die Komponenten zusammengeschrieben werden.


3.1. Nomina
jɔːʃ-kur ʻGliedmaßenʼ (jɔːʃ ʻHandʼ + kur ʻFußʼ)
sɛm-jiŋk ʻTräneʼ (sɛm ʻAugeʼ + jiŋk ʻWasserʼ)
mɔːjpər-xɔːt ʻBärenhöhleʼ (mɔːjpər ʻBärʼ + xɔːt ʻHausʼ)
aːj-keːɬ ʻNachricht, Neuigkeitʼ (aːj ʻklein, jungʼ + keːɬ ʻSeilʼ)
pasti βɔːj ʻWolfʼ (pasti ʻschnell, scharfʼ + βɔːj ʻTierʼ)
ʃaŋk-jiŋk ʻSchweißʼ (ʃaŋk ʻheißʼ + jiŋk ʻWasserʼ)


3.2. Adjektiva
sɛmɬi-paɬɬi ʻblind und taubʼ (sɛm ʻAugeʼ + paɬ ʻOhrʼ CAR)
piti sɛməp ʻschwarzäugigʼ (piti ʻschwarzʼ + sɛm ʻAugeʼ PROP)
pasti kurəp ʻschnellfüßigʻ (pasti ʻschnell, scharfʼ + kurəp ʻfüßigʼ PROP)
kaːri-paːri ʻgeschwind, flinkʼ


3.3. Adverba
tata-tota ʻüberallʼ (tata ʻhierʼ + tota ʻdortʼ)
βaːn-kutəɬ ʻoftʼ (βaːn ʻkurz, nahʼ + kut ʻZeitraum, Abstandʼ)
jeːɬɬi-joxi ʻvor und zurückʼ (jeːɬɬi ʻvorwärtsʼ + joxi ʻzurückʼ)


3.4. Pronouns
sʲiməsʲ-sʲiməsʲ ʻdies und dasʼ (sʲiməsʲ ʻsolchʼ)
aːr-ʃiməɬ ʻman weiß nicht wie vielʼ (aːr ʻvielʼ + ʃiməɬ ʻwenigʼ)


3.5. Verba
Bei Verben, die durch Komposition entstehen, werden beide Komponenten konjugiert.
ɬɛ-jaːnʲsʲ- ʻessen, speisenʼ (ɬɛ- ʻessenʼ + jaːnʲsʲ- ʻtrinkenʼ )
ɔːməs-ɬɔːɬʲsʲ- ʻrastenʼ (ɔːməs- ʻsitzenʼ + ɬɔːɬʲsʲ- ʻstehenʼ )


(M. Zehetmaier)

Quellen

Rédei, K. (Hrsg.): Nord-ostjakische Texte (Kazym-Dialekt) mit Skizze der Grammatik. Göttingen: Vandenhoeck & Rupprecht 1968.

Каксин, А. Д.: Казымский диалект хантыйского языка. Ханты-Мансийск: Полиграфист 2007.

Nikolaeva, .I.: Ostyak.. München: Lincom 1999.

Solovar, V. N.: Хантыйско-русско словарь. Около 9000 слов. Санкт-Петербург: Мирал 2006.

Dissertation by Zsófia Schön (unpublished) concerning Khanty postpositions

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